SF Schweizer Fernsehen, Donnerstag, 18. Oktober 2012, 22:39 Uhr
Der Berner Gaskessel soll zu alter Grösse zurückfinden. Das Stadtparlament hat einen dringlichen Vorstoss überwiesen, der eine gesicherte Finanzierung und flexiblere Rahmenbedingungen für das
traditionelle Jugend- und Kulturzentrum verlangt.
Mit 68 Ja-Stimmen und nur einer Gegenstimme stellte sich der Stadtrat hinter den Vorstoss, den die Fraktion GFL/EVP eingereicht hatte. Das fast einstimmige Votum des Parlaments wurde möglich, weil die GFL/EVP-Fraktion im Verlauf der Debatte ihre verbindliche Motion in die abgeschwächte Form eines Postulats umwandelte.
Auch der Gemeinderat war bereit, den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen. Er muss nun abklären, wie der 41-jährige Gaskessel unten an der Aare sich wieder stärker als Anlauf- und Kulturzentrum für die Berner Jugend positionieren kann.
Es brauche insbesondere mehr nicht-kommerzielle Anlässe für 16- bis 18-Jährige, unterstrich Motionär Manuel C. Widmer. Da bestehe im Berner Nachtleben «eine Riesenlücke», die der Gaskessel füllen könnte. Dazu brauche dieser aber mehr Handlungsspielraum.
Unsichere Finanzierung
Bessere Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr, Lockerung der Überzeitbewilligungen, bauliche Sanierungsmassnahmen und der Einbau eines Fumoirs – das sind die Massnahmen, die der Gemeinderat nun prüfen muss. Auch die derzeit unsichere Finanzierung des Gaskessels soll nach dem Willen des Stadtrats geklärt werden.Als überregionales Angebot erbringt der Gaskessel Leistungen in der Jugendarbeit. Deshalb wollte der Kanton Bern eigentlich die Abgeltung in der Höhe von jährlich rund 430'000 Franken übernehmen, die bisher die Stadt dem Gaskessel gezahlt hat. Aus Spargründen übernimmt der Kanton diese Kosten nun jedoch nur 2013, wie er kurzfristig bekannt gab. Dies stiess im Stadtrat auf Kritik.
Kanton soll mitzahlen
Der Kanton dürfe sich nicht aus der Verantwortung ziehen, befanden Sprecherinnen und Sprecher quer durch die Fraktionen. Schliesslich frequentierten nicht nur Jugendliche aus der Stadt Bern den Gaskessel, sondern auch viele von ausserhalb.Auch Gemeinderätin Edith Olibet (SP) bedauerte namens der Stadtregierung den Rückzieher des Kantons. Der Gemeinderat werde mit dem Kanton über eine «angemessene und nachhaltige Mitfinanzierung» des Gaskessels ab 2014 verhandeln.
«Hervorragende» Institution
Zwar waren sich die Parteien nicht in allen Punkten des Vorstosses einig. Während Mitte-Links mehr Mittel für den unterfinanzierten Gaskessel verlangte, bezweifelten die Bürgerlichen, dass Stadt und Kanton sich dies leisten könnten. Und der Fraktion SVPplus missfiel der geforderte Einbau eines Fumoirs in einer Jugendinstitution.Dennoch war es dem Stadtparlament vor vollbesetzter Zuschauertribüne im Ratssaal offensichtlich ein Anliegen, der Institution Gaskessel den Rücken zu stärken. Sprecherinnen und Sprecher von links bis rechts lobten die «wichtige» und «hervorragende» Arbeit, die im Gaskessel geleistet werde. Besonders gewürdigt wurde im Rat der Umstand, dass sich auch viele Jugendliche selber in dem 1971 gegründeten Zentrum engagieren.
(sda/horm)
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