Letzte Woche hat der Stadtrat Kulturverträge in der Höhe von 30 Millionen Franken genehmigt. Nicht dabei war – die Reitschule. Nicht zum ersten Mal wurde der Kulturvertrag mit dem autonomen Jugend- und Kulturzentrum zurückgestellt. Zurückgestellt aus Verzweiflung, auch nach über 25 Jahren immer noch keine Antwort auf das Phänomen «Gewalt und Reitschule/Vorplatz» gefunden zu haben.
Auch in meinem Bekanntenkreis beginnt die Sympathie für die Reitschule zu schwinden. Wobei – eigentlich nicht für die Reitschule, aber eben für die zunehmenden Begleiterscheinungen. Wie vom allergrössten Teil der Bernerinnen und Berner werden Reitschule und Vorplatz als Kultur- und Jugendzentrum grosses Lob ausgesprochen. Es werden das kulturelle Angebot gelobt, die Vielfalt beschworen, dem Vorplatz als grösstem Jugendklub der Stadt grosser Respekt gezollt und es wird betont, welch wichtige Rolle Reitschule und Vorplatz im Kultur-, Jugend- und Nachtleben der Hauptstadt spielen.
Und dann kommt es – das grosse ABER. Es ist jeweils von Unsicherheit und Fragezeichen begleitet. «ABER diese Gewalt …» «ABER die wenigen Idioten, die alles kaputt machen …» «ABER all dieses Positive wird durch wenige Negative kaputt gemacht …» Das grosse ABER führt auch zu Vorbehalten bei Leuten, die die Reitschule zum Teil mitbesetzt und mitgeprägt haben.
«Einen Kampf gegen das System» wollen sie führen, die Feiglinge, die Reitschule und Vorplatz als Schutzschild und Geisel für ihre Gewaltexzesse missbrauchen. Dass sie mit ihrem in den 80er-Jahren hängen gebliebenen «Kampf» der Reitschule schaden, ist völlig egal. Im Gegensatz zur Kultur und zu den Jugendlichen auf dem Vorplatz brauchen die Chaoten kein Gebäude oder Vertrag. Und leider macht sich die Mediengruppe der Reitschule mit ihren halbherzigen Verurteilungen gemischt mit klassenkämpferischem Verständnis regelmässig zum Mittäter.
Fazit: Nur die Reitschule selbst kann etwas für sich tun. Alte Reflexe abstreifen, in einen konstruktiven Dialog treten und Gewalt klar verurteilen und ausgrenzen. Der inneren Kultur zuliebe sollte sich die Reit(z)schule mal selber schliessen und gegen innen reflektieren – auf der Suche nach einer neuen, internen Kultur. Und nach einer neuen Definition der durchaus spannenden Verbindung von Kultur und Politik.
Ich wünsche der Reitschule, dass sie sich aus dem Würgegriff der «Gegner im Innern» lösen kann!
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