Kultur ist ein häufiges Thema im Stadtrat. Auch wenn dieser eine solche noch häufiger vermissen lässt. Kultur wird immer dann zum Diskussionsgegenstand, wenn ein Stadtratsmitglied mal wieder eine Kulturveranstaltung besucht hat. Zuhause wird geschwelgt, wie schön dieses Mundarttheater, dieses Kammerkonzert oder der Besuch dieses Kleinkinos war – und wie kulturell wertvoll.
Bald liegt auf dem Tischchen des Stadtratsvizepräsidenten eine Motion, die die Finanzierung des faszinierenden Kulturorts oder Events für mindestens die nächsten vier Jahre fordert. Weil es doch so schön war – und so wertvoll. Und einzigartig. Und sicher bedroht.
Kulturinstitutionen sind immer bedroht. Einerseits von Finanzknappheit. Andererseits davor, zu wenig Zuschauer anzulocken, die von diesem Ereignis weitererzählen, bis schliesslich eine Stadträtin davon hört und sich zwischen Fraktions- und Kommissionssitzungen Zeit nimmt, wieder mal heimisches Kulturschaffen zu ehren.
Das muss das Ziel einer jeden Kulturstätte oder Veranstaltung sein! Sich so zu präsentieren, dass irgendwann eine Politikerin oder ein Politiker in die Tasten greift und den Gemeinderat fragt, warum eigentlich dieses Theater, dieses Kleinkino oder dieses Kammerorchester noch keinen Subventionsvertrag erhalten habe.
Sehr beliebt in solchen Vorstössen sind Vergleiche mit anderen Institutionen (Platz 1: die Reitschule), die bereits subventioniert sind. «Warum kriegt die Geld, aber nicht diese ruhige, wertvolle und gewaltfreie Veranstaltung? Findet das der Gemeinderat fair? Hä? Und warum bekommen immer die Grossen die Kohle – und immer dieselben? Und warum grad die?»
Dann wird neu verteilt, umverteilt oder zusatzverteilt. Gegen Kultur kann ja keiner sein, und «schon gar nicht gegen diese!» Wer jetzt nein sagt, hat von Kultur keine Ahnung. Ist ein Kulturfeind. Das will doch keiner sein.
Bern braucht endlich ein Kulturkonzept, das diesen Namen verdient. Eines, das diese Wursteleien beendigt. Eines, das die Freie Szene in angemessener Weise berücksichtigt. Eines, das dem grossartigen städtischen Kulturschaffen entgegenkommt. Und eines, das Kulturfinanzierung nicht vom Applaus eines Stadtratsmitgliedes abhängig macht. Eine eierlegende Wollmilchsau also…
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