Tja, ihr revolutionären Schnösel – da habt ihr’s dem Mattenhof aber gezeigt heute Nacht! Jetzt ist die Revolution kaum mehr aufzuhalten, da zwischen Loryplatz und Maharaja Palace an jedem Haus steht, um was e seuch geht. Meist abgekürzt auf 4 Buchstaben – mehr Inhalt bringt ihr wohl kaum zustande.
Bis gestern Abend hat sich keiner von euch Wohlstandsrevolutionären einen Deut um unser Quartier gekümmert. Ein Quartier, seit 30 Jahren im Dornröschenschlaf, das statt eines Kusses vor sieben Jahren von der Migros einen zusätzlichen Stich in den Finger bekommen hatte. Ein Quartier mit kaum einem Laden, wenigen Restaurants, kaum Handwerk und einer Fabrik. Bekanntheit haben wir durch das „Quitschi“-Tram erlangt. In den 80er haben eure Eltern noch hier gefeiert – im ZAFF. Seither wurde das Quartier gemieden. Lorraine und Länggasse waren für die, die nicht bei den Eltern in Muri oder Bremgarten wohnen, die revolutionären Quartiere.
Nun habt euch also den Mattenhof geholt letzte Nacht. Wie die Hunde habt ihr an jede Mauer euer ACAP und 031 gepinkelt, um zu zeigen, wem die Mauer, das Quartier gehört. Dass er hier BewohnerInnen gibt, sie sich seit Jahren für das Quartier aufopfern – scheissegal! Das dabei auch deren Besitz zerstört wird – scheissegal. Ihr seid das Gesetzt, das Recht und der Massstab in einem. Ihr sagt, wer gut und böse ist – andere Meinungen gelten nichts. Ihr, die ihr euch internationale Solidarität auf die Fahnen schreibt und Toleranz, ihr seid der ignoranteste, intoleranteste und selbstgerechteste Haufen überhaupt!
Dabei seid ihr euch nicht zu schade, für eure testosterongesteuerten Saubannerzüge Flüchtlinge, Kurden oder irgendein Thema zu okkupieren, auf dessen Rücken ihr dann die immer gleichen, pawlowschen Speicheltreibereien veranstaltet. Ohne Respekt vor der Meinung anderer, vor der (Bewegungs-)Freiheit anderer, vor dem Besitz anderer oder dem Engagement anderer.
Eure Feinde heissen Polizei und Gentrifizierung – zumindest nach einer kurzen Analyse der Sprayfarbenverschwendung letzte Nacht. Gentrifizierung im Mattenhof? Geit’s no??? Ihr seid also dagegen, dass wir in unserem Quartier etwas Essen oder Trinken gehen können? Ihr wollt nicht, dass die zum Teil heruntergekommenen Behausungen renoviert werden können? Mehr als einen Denner, in dem man Alk und Zigis kaufen kann braucht nach eurer Meinung eh‘ niemand? Innere Verdichtung ist ein Scheiss (sagen eure einfamilienhausgeprägten Köpfe) – und neue Leute braucht‘s eh‘ nicht in der Stadt? Ihr beklagt die Wohnungsnot und deren Bekämpfung?
Kaum keimt in unserem Quartier nach Jahren des Stillstandes etwas Leben, weht ein laues Lüftchen der Erneuerung steht ihr mit Spraydose in der Hand auf der Matte und klagt an. Keiner von euch würde je einen Finger rühren, damit die alten Leute im Quartier wieder einen Treffpunkt oder eine Einkaufsmöglichkeit in Geh-Nähe haben. Aber wenn andere dafür sorgen, dann seit ihr auf dem Plan…!
Ihr habt also den Mattenhof gestern mit euren Schmierereien gerettet? Gerettet – um dann auf indymedia noch der Reitschule einen reinzuwürgen, in dem ihr da bereitwillig erklärt, dass der Mob sich nach der Zerstörungstour dahin zurückgezogen habe. Nur um sicher zu gehen, dass es dem Leistungsvertrag mit dem Kulturzentrum wohl genau so geht, wie dem Goodwill, den die Quartierbevölkerung eurer Party gestern lange Zeit entgegen geberacht hat. Viele, die sich freuten, die Toleranz gezeigt haben, sind nun enttäuscht und/oder von der Zerstörung betroffen.
All das kümmert euch einen Dreck – denn ihr habt die Deutungshoheit des Lebens gepachtet. Ihr haltet es mit George W. Bush und macht mit jeder solchen Aktion klar: „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!“
Oder war die ganze Randale bloss die Antwort darauf, dass die Stadt eure Party toleriert hat, nicht eingegriffen hat, keine Polizei da aufgetaucht ist? Wart ihr so frustriert, dass man euch hat gewähren lassen? Oder wolltet ihr einfach sicherstellen, dass andere nach euch nicht auch in den Genuss des Privilegs kommen, eine Strafbar zu organisieren, die durchgeführt werden kann?
Henusode. Ich wünsch euch für die Zukunft einen Empathie, Toleranz und Selbstkritik! Dann klappst vielleicht auch mir der „Revolution“…
Kommentar schreiben
mäder kurt (Dienstag, 24 Mai 2016 10:26)
bravo, endlich einer der klartext schreibt.
Tinu (Mittwoch, 25 Mai 2016 09:32)
Lieber Manuel
Ich danke Dir für Deine klare Ansage zu den verweichlichten, verwöhnten Wohlstands- Bubis und Gören. Wie recht Du doch hast.